Über Moral und Freiheit
Ich hatte mich neulich mit jemanden über das Thema Moral und darüber was richtig und falsch ist unterhalten. Die Person war der Ansicht, dass es auf jeden Fall eine universale Moral gäbe und gut und böse objektiv bestimmbar wären. Dass wir Schuld und Reue fühlen können und dass das ein eindeutiges Indiz dafür wäre, was falsch ist. Dass wir als Menschen uns von Tieren in dem Punkt der Moral unterscheiden, denn wir haben ein Bewusstsein, das uns verrät, was gut und böse ist.
Wenn dem so ist, heißt es nicht, dass gut und böse in unserem eigenen Bewusstsein entsteht? Wenn es Tiere gibt, die ihr eigenes Junges essen, wir es aber nicht tun, weil wir es für unmoralisch halten, bedeutet es dann nicht einfach, dass diese Wertung der Moral nur in unserem Kopf existiert? Es ist eine einfache Beobachtung: Jedes Lebewesen – einschließlich Menschen – mit einem anderen Bewusstsein tut als unmoralisch bezeichnete Dinge ohne jegliche Reue. Welches Fundament hat dann gut und böse? Denn wir würden nicht einen Löwen als böse bezeichnen, der eine Gazelle tötet und isst, da er nicht einmal dieses Konzept von böse verstehen kann. Das macht "Universale Moral" automatisch zu einem Oxymoron.
Die Verwirrung wird aber noch größer. Denn ich habe festgestellt, dass Menschen gut und böse, richtig und falsch und moralisch und unmoralisch alles synonym verwenden. Und dass sie dich als Moralrelativisten bezeichnen, wenn du nicht glaubst, dass Moral real ist. Dass sie denken, du glaubst, es gäbe kein richtig, weil du sagst, dass es kein gut gibt.
Das sind aber alles verschiedene Begriffe. Natürlich gibt es ein richtig, richtig ist was natürlich ist. Ein richtig kann nicht in menschengemachter Moral fußen, sondern nur in der Natur. Der einzige Grund, wieso 2 + 2 = 4 richtig ist, ist die Tatsache, dass wir es beobachten können. Nimmst du zwei beliebige Objekte und stellst zwei weitere Objekte dazu, erhältst du vier Objekte – was es für Objekte sind und wie oft man das macht, spielt keine Rolle, du wirst immer die gleiche Beobachtung machen. Arithmetik ist nur die abstrakteste Form dies darzustellen; sie ist eine Sprache, die kürzeste, präziseste und abstrakteste Sprache, um eine mengenbasierte Beobachtungen zu beschreiben. Die Gleichung ist also richtig, weil sie natürlich ist.
Lasse ich ein Objekt von einer Höhe los, wird es zu Boden fallen, ganz egal, was es für ein Objekt ist und wo und wie oft ich es tue, das Resultat wird immer das gleiche sein. Demnach ist eine Kraft, die dieses Objekt nach unten zieht nur die logische Konsequenz dieser Beobachtung. Schwerkraft ist richtig, weil sie natürlich ist. Natürlich ist, was du in der Natur beobachten kannst.
Jetzt kommen einige Menschen und behaupten, es wäre falsch einem anderen Lebewesen zu schaden. Manche sagen nicht falsch, sondern unmoralisch oder böse (die sind ehrlich), aber einige werden sich noch nicht einmal auf Moral stützen, sondern auf "Naturrecht". Für sie geht es gegen das Recht der Natur anderen Wesen zu schaden. Was ist denn Naturrecht anderes, als das was du in der Natur beobachten kannst; also das Prinzip, wonach sie funktioniert? Schaust du in die Natur, kannst du gar nicht übersehen, wie falsch diese Behauptung ist. Es ist sogar sehr unwahrscheinlich, dass es überhaupt irgendetwas gäbe, wenn das tatsächlich ein Naturrecht wäre.

Die Natur ist reine Barbarei, sie ist überleben oder sterben, dominieren oder sich beugen, fressen oder gefressen werden. Das ist das einzige, was man beobachten kann und es macht auch bei Menschen nicht Halt, denn es existiert auf jeder Ebene und wir sind Teil dieses Prinzips. Wir wären nicht einmal hier, hätten wir nicht andere Tiere und Menschen gejagt und dominiert. Eine willkürliche Grenze zu ziehen und zu sagen, es ist okay, dass man Tiere tötet, aber bei Menschen sollte man es nicht tun, ist nur eine im Sand gezogene Linie – eine Linie, die Menschen mit schwachsinnigen Ansichten wie Veganer als Anlass nehmen, diese falsche Behauptung zu ihrer logischen Schlussfolgerung zu führen.
Indoktrination
Es wurde als Argument vorgebracht, dass die meisten Menschen es als falsch erachten würden eine alte Frau auszurauben. Wie kann es also keine objektive Moral geben, wenn dieses Gefühl in einem sitzt? Dieses Gefühl ist aber nicht angeboren, sondern anerzogen. Sie ist Teil der Sozialisation, die uns allen auferlegt wird. Das sehen wir gut daran, dass es tatsächlich Leute gibt, die alte Menschen für ihren eigenen Profit ausnehmen. Sie tun es ja nicht, weil sie es als falsch erachten, denn niemand möchte mit dem Gedanken ins Bett gehen, dass man heute wieder ein besonders böser Mensch war.
Diese Menschen sind aber krank? Es sind Soziopathen? Das ist nur geistige Faulheit. Moralische Richtlinien aufzustellen und jeden als krank zu bezeichnen, der nicht nach ihnen handelt, ist eine billige Argumentation. Demnach wären alle Nationen krank, die Dinge erlauben, die bei uns verboten sind. Demnach wären auch unsere eigenen Vorfahren krank, die andere Vorstellungen und Praktiken hatten. Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Geschichte befasst oder mit Menschen, die außerhalb von Zivilisationen geboren und aufgewachsen sind, wird schnell begreifen, dass das meiste, was bei uns Schuldgefühle erzeugt und für uns selbstverständlich ist, das Resultat von Indoktrination ist.
Was ist richtig?
Dass gut und schlecht subjektiv sind, bedeutet aber nicht, dass es keine objektiven und universalen Prinzipien in der Natur gibt. Es gibt eine Sache, die alle Menschen und Tiere und Pflanzen und alles auf der Welt verbindet – der Wille zur Selbsterhaltung, der Wille zum Leben, der Wille zur Selbstentfaltung. Diese drei Dinge sind Manifestationen des selben. Und sie zeigen sich in allem was wir tun.
Im Zentrum dieses Prinzips steht das Selbst. Die natürlichste Aufgabe jedes Lebens ist dieses Selbst zum Ausdruck zu bringen und zu entfalten. Das Selbst muss aufrechterhalten werden und sich ausbreiten, möglichst auf vielen Ebenen. Wir wissen aber, dass wir eines Tages sterben werden; das heißt, ganz egal, was wir tun, wir können nichts dagegen unternehmen, dass die Selbsterhaltung irgendwann stoppen wird. Doch wir haben die Fähigkeit uns zu vermehren und so unsere Geninformationen weiterzugeben und auf diese Weise lange über unseren Tod hinaus weiter zu bestehen. Die Selbsterhaltung also indirekt fortzuführen. Nichts anderes ist Vermehrung, sie ist die Entfaltung und Aufrechterhaltung des Selbst … eine Einrichtung der Natur, damit dieses Prinzip den Tod überwinden kann.
Auch Kommunikation ist eine Manifestation der Selbstentfaltung. Du teilst deine Gedanken – die Gedanken des Selbst – mit anderen Menschen und verbreitest sie von deinem Gehirn in andere Gehirne. Wenn jemand deine Meinung übernimmt, schaffst du es auch auf diese Weise in anderen Menschen fortzubestehen. Große Denker und Wissenschaftler, die mit ihren Schriften Menschen vieler Jahrhunderte lang beeinflusst haben, werden deswegen nicht umsonst unsterblich genannt.
Selbstverteidigung – die Verteidigung des Selbst, also die Erhaltung des Selbst – ist eine weitere Manifestation dieses Prinzips. Jede Moral, jede Lehre, die entgegen die Selbsterhaltung geht, kann als unnatürlich und falsch abgetan werden. Moralische Leitsätze wie "Liebe deine Feinde" sind im höchsten Grade unnatürlich, denn deine Feinde sind diejenigen, die dich zur Strecke bringen wollen, also das Selbst entweder einengen oder komplett auslöschen wollen. Alles andere als "Vernichte deine Feinde" geht gegen das Interesse des Selbst und ist demnach wider der Natur.
Es gibt also ein richtig, richtig ist in deinem eigenen Interesse zu handeln. In deinem eigenen Interesse handelt bedeutet dich selbst zu entfalten. Doch mit Selbst ist nicht nur unbedingt das eigene Individuum gemeint. Denn deine Familie und deine Freunde gehören ebenfalls zu dir, sie sind Teil von dir. Natürlich ist, sich für sie so einzusetzen wie für dich selbst; nicht nur, weil du sie aus rein praktischen Gründen brauchst – in der Natur ist es ein Todesurteil keinerlei Unterstützung zu haben – sondern auch, weil das Wohlergehen von Menschen, die man liebt, das eigene Wohlergehen beeinflussen wird. Du kannst nicht glücklich sein, wenn es deinen Liebsten miserabel geht und sich nicht darum zu kümmern, dass es ihnen besser gehen wird, bedeutet gegen dein eigenes Interesse zu handeln und ist demnach unnatürlich bzw. falsch.
Der Staat ist eine Maske

Doch warum rede ich über Natur? Was haben wir zivilisierten Menschen in künstlichen Städten und Gesellschaften mit der Natur zu tun? Würden wir in der Wildnis leben, träfen diese Gesetze auf uns zu, aber wir leben unter unseren eigenen Gesetzen, also sind die wichtiger als alles, was als "natürlich" bezeichnet wird, oder? Das dem nicht so ist, kann ganz einfach anhand des Beispiels der Ernährung veranschaulicht werden. Unsere Körper, wie sie heute sind, sind das Produkt der Natur, d.h. ganz egal, was wir heute für Nahrung künstlich herstellen, sie wird immer minderwertiger sein, als die Nahrung, die die Natur für uns vorgesehen hat. Es ist egal, wo wir leben oder ob wir unsere eigenen Erfindungen als besser und profitabler für unsere eigenen künstlichen Systeme (wie der Wirtschaft) erachten, das Verdauungssystem wird sich dem nicht anpassen und immer noch nach den Regeln der Natur weiterarbeiten.
Wenn wir uns so sehr von menschengemachten Lehren und Strukturen blenden lassen, werden wir vergessen, dass nicht wir die Regeln bestimmen, sondern die Natur. Diese zu ignorieren bedeutet nicht sie zu überwinden, sondern nur, den Tatsachen nicht ins Auge zu blicken. Wir werden weiterhin den Konsequenzen ausgesetzt sein, nur werden wir jetzt nicht mehr wissen warum.

Den Staat – mit Staat ist dieses künstliche, menschengemachte System gemeint – kann man als eine Maske betrachten. Wann immer wir der Realität ins Gesicht schauen, um die Welt zu verstehen, sehen wir nicht die Welt selbst (also die Natur) sondern nur den Staat. Wir sehen eine Maske, die Menschen hergestellt und sie der Natur aufgesetzt haben. Diese Maske wird einen gewissen Einfluss auf uns haben, denn ihr Gesichtsausdruck oder was auf ihr steht, hat eine Wirkung. Doch wenn Menschen A darauf geschrieben haben, aber was die Natur befiehlt B ist, dann wird sie, wenn wir das geschriebene A dem natürlichen B vorziehen, nichts dagegen tun können, dass wir die negativen Konsequenzen davon spüren werden, denn die Hände, die uns am Ende erdolchen werden, immer noch die der Natur sind. Wenn wir nicht realisieren, dass das Gesicht, in das wir schauen, nicht wirklich das echte Gesicht des Wesens ist, das vor uns steht, wird es auf den Lauf der Dinge keinen Einfluss haben, es wird uns aber außen vor lassen. Alles wird geschehen wie von dem Wesen hinter der Maske vorgesehen, aber wir werden es nicht verstehen und glauben, dass auf der Welt ständig falsche und ungerechte Dinge passieren.
Die Metapher der Maske ist aber nur eingeschränkt gültig, denn in Wirklichkeit ist es nicht nur eine schlichte Maske, sondern sie hat auch die besondere Fähigkeit die Handlungen des Wesens dahinter zu simulieren. Das heißt, sie hat die Fähigkeiten das auf ihr geschriebene in Handlungen umzuwandeln und diese Handlungen dann als die Handlungen des Wesens zu verkaufen. Sie schafft es, die Menschen zu überzeugen, dass ihre eigenen Bewegungen mit den Bewegungen der Natur übereinstimmen.
Jeder, der nicht realisiert, wie falsch das ist, tappt in eine Falle und wird an den Folgen davon leiden. Es ist eine allseits bekannte Tatsache, dass jede menschengemachte Nahrung und Medizin, ganz egal als wie gesund sie propagiert wird, Nebenwirkungen hat, an denen du leiden wirst und die dich krank machen, doch kaum einer bedenkt, dass es nicht nur auf die physische Zufuhr in unseren Körper zutrifft, sondern auch auf die geistige.
Wenn du nicht nach natürlichen Prinzipien lebst, sondern nach menschengemachten, dann wirst du darunter leiden. Es wird dich krank machen. Wenn du beispielsweise glaubst, dass "Auge um Auge, Zahn um Zahn" ein falscher Leitsatz ist und am Ende die ganze Welt blind machen wird, dann wirst du an den Handlungen, die als Folge aus diesem Glaubenssatz hervorgehen, zu Grunde gehen. Denn "Auge um Auge, Zahn um Zahn" ist das Gesetz der Natur. Keine Philosophie, die jemals von Menschen erdacht wurde, wird etwas daran ändern können. Nach den Regeln der Menschen zu leben, bedeutet unnatürlich zu leben. Unnatürlich zu leben, bedeutet falsch zu leben. Falsch zu leben bedeutet zu leiden.
Richtig im Sinne des Staates
Diese Fähigkeit der Maske, die ich oben angesprochen habe, ihre eigenen Handlungen als die der Natur zu verkaufen, drücken sich z.B. darin aus, dass sie neue Definitionen für richtig und falsch aufstellt. Bedeuten richtig und falsch in der Natur natürlich und unnatürlich, so bedeuten sie für die Maske gesetzlich und ungesetzlich, legal und illegal, sittlich und unsittlich.
Dabei bedient sich der Staat der Religion oder der Moralphilosophie, um die Gesetze den Menschen zu verkaufen. Ein wichtiger Faktor ist nämlich, dass die Leute aufrichtig davon überzeugt sind, dass Gesetz und Sittlichkeit richtig sind. Dass es böse oder schlecht ist gegen das Gesetz zu verstoßen oder unsittlich zu handeln. Dadurch werden die meisten davon abgehalten es zu tun. Die wenigen, die sich davon nicht beeinflussen lassen, werden mit dem Knüppel bearbeitet und ihnen wird die Freiheit entzogen. Das sind die beiden Säulen eines Staates: Gehirnwäsche und Strafe.
Rechte
Man darf nicht vergessen, dass wenn der Staat keine Gewalt hätte, sein Gesetz durchzusetzen, es auch keine Gültigkeit hätte. Dass die Gültigkeit nur dadurch festgelegt wird, dass der Staat mit der Polizei und seinen Streitkräften unverhältnismäßig viel mehr physische Kraft besitzt als jeder einzelne Mensch oder einzelne Gruppe. Wenn der Staat dich nicht zwingen könnte dich daran zu halten, wäre das Gesetz nichts weiter als paar Wörter auf dem Papier – geschrieben von irgendwelchen Menschen, die du nicht kennst und die dich nicht kennen, völlig unverbindlich.

Wie oft sind wir beispielsweise schon über eine rote Ampel gelaufen, ohne dass etwas passiert ist? Wir würden es nicht tun, wenn auf der anderen Straßenseite einige Polizeibeamten stehen würden. Nur wenn sie dich dabei sehen, können sie zu dir kommen und das Gesetz durchsetzen. Falsch macht eine Handlung also nur, wenn da jemand ist, der es als falsch veruteilt. Und dieses Urteil hat auch nur dann eine Auswirkung auf mich, wenn derjenige, von dem es kommt, mir überlegen ist.
Aber das Gesetz ist nicht nur da, um dich einzuschränken, sondern es gibt dir auch Rechte? Das ist ein weiteres großes Irrtum. Die Rechte hast du nicht, es ist nur eine Illusion. Sie werden dir unter Bedingungen gegeben, einfach geborgt. Anders geht es auch gar nicht, denn zu glauben, dass du Rechte hast, die du dir nicht selber genommen hast, würde gegen jegliche Logik verstoßen.
Du musst es so sehen: Wenn deine Eltern dich zwei Tage nach deiner Geburt getötet hätten, würden sie dafür eine Strafe kriegen? Selbstverständlich, denn sie haben gegen dein Recht auf Leben verstoßen. Aber wer hat dir dieses Recht gegeben? Du bist noch ein Baby, du verstehst noch nicht einmal, was das heißt. Der Staat hat es dir gegeben. Das heißt, zum Zeitpunkt deiner Geburt wurdest du direkt an Verträge gekoppelt, an Verträge, die es schon lange vor dir gab und von anderen Menschen beschlossen und unterschrieben wurden. Sie werden dir aber nicht gegeben zu deinem Nutzen, sondern um sie als Druckmittel zu benutzen. Denn in Wahrheit sieht die Situation so aus: "Hier sind Rechte, die ich dir gebe, aber du darfst sie nur unter einer Bedingung behalten: Du musst dich an ein Katalog voller Regeln halten, die ich bestimmt habe. Wenn du gegen eines davon verstößt, nehme ich es mir raus, eines oder mehrerer der Rechte wieder wegzunehmen. Ich kann es tun, da sie dir nicht gehören und ich sie dir nur ausgeliehen habe."
Das ist das Fundament von Recht und Gesetz. Recht wird als Ultimatum eingesetzt, um Gesetz durchzusetzen. Jedes Recht, auch das individuelle, existiert nur, weil es dem Staat nützt. Dass es auch gut für den Einzelnen ist, ist nur ein positiver Nebeneffekt und interessiert den Staat im Grunde gar nicht.
Das ist so, als ob du mich besuchen kommst und ich gebe dir ein Glas Wasser. Das Glas gehört dir nur in dem Zeitraum deines Aufenthaltes. Wenn wir beispielsweise in einen Streit geraten, kann ich dir das Glas wegnehmen und dich aus meinem Haus werfen. Zu behaupten, dass es dein Glas wäre, wäre an deiner Stelle völlig absurd. Rechte sind nichts weiter als an Bedingungen gekoppelte Leihgaben.
Wenn du gegen ein Gesetz verstößt und man dich in ein Gefängnis wirft, wird da auf dein Recht auf Freiheit Rücksicht genommen? Wenn du öffentlich aufbegehrst und mehrere Polizeibeamten zu dir stürmen, dich zu Boden drücken, noch ein paar mal nachtreten, deine Hände hinter den Rücken ziehen und Handschellen anlegen, am besten ganz fest, sodass sogar ein paar Tage danach noch rote Spuren an den Handgelenken zu sehen sind, wird da auf dein Recht auf körperliche Unversehrtheit Rücksicht genommen? Wenn sie dich danach nach oben ziehen und dich mit nach unten gedrücktem Kopf vor den Augen anderer abführen, wird darauf Rücksicht genommen, dass die Würde des Menschen unantastbar ist? Natürlich nicht, denn all das sind nur Trugbilder. Dinge, die dir gegeben wurden und deswegen auch jederzeit wieder genommen werden können.
Freiheit
Der Staat kann dir Rechte geben und auch wieder nehmen, weil er die Macht dazu hat. Macht bedeutet Stärke. Wenn du ein Verbrechen begehst, aber es so gut machst, dass du niemals erwischt wirst, wirst du auch niemals zur Rechenschaft gezogen. Das Gesetz kann in diesem Fall nicht durchgesetzt werden. Oder wenn du erwischt wirst, aber einen Weg findest alle Beweise zu vernichten, inklusive der Beseitigung aller Zeugen und Löschen aller Daten aus dem System der Justiz, wirst du nicht bestraft werden können, solange sie dir nichts nachweisen können. Die Strafe, die dir vorgesehen ist, wenn du ein Gesetz misachtest, wirkt sich also nur insoweit auf dein Leben aus, wie die Exekutive Macht über dich hat.
Wenn du beispielsweise jemanden getötet hast und die Polizei anrückt, um dich zu verhaften und du gerade zu Hause mit einigen Freunden sitzt – alle bewaffnet – und ihr euch alle gegen die Verhaftung wehrt, indem es zu einer Schießerei kommt und die Polizei sich kurz zurückzieht, um Verstärkerung zu rufen, bist du in dem Moment immer noch ein freier Mann, weil sie das Gesetz nicht durchsetzen konnten. Nehmen wir an, sie kommen mit einer Spezialeinheit, aber du gehörst ebenfalls einer organisierten Guerilla an (deren Waffen den Waffen der staatlichen Streitkräfte in nichts nachstehen) und jedes Mal, wenn sie kommen, um dich zu verhaften, steht ihr bereit und wehrt euch dagegen. Ihr geht sogar so professionell vor, dass ihr hochrangige Politiker entführt und sie als Druckmittel benutzt, um mit der Regierung zu verhandeln. Wenn ihr es wirklich gut anstellt und auch einen Funken Glück habt, werdet ihr es schaffen, noch lange in Freiheit zu bleiben.
Gesetze sind nicht in Stein gemeißelt. Sie sind nur bindend für den Schwachen. Deswegen ist es im größten Interesse des Staates, dass der Einzelne schwach ist. Das bedeutet einerseits mentale Schwäche, d.h. dass er an Moral und Sittlichkeit glaubt und andererseits physische Schwäche, d.h. dass er möglichst nicht in optimaler körperlicher Verfassung ist und auch möglichst wenige Waffen hat. Besonders schwere Geschütze verbietet jeder Staat den Einzelnen und enthält sie nur sich selbst vor, aber viele Staaten gehen auch so weit, alle Waffen zu verbieten. Je unbewaffneter eine Bevölkerung ist, desto versklavter ist sie, denn umso mehr ist sie dem Staat ausgeliefert.
Nehmen wir an, du bist im Urlaub und gehst in den Bergen spazieren, weit weg von der Zivilisation. Plötzlich wirst du von einigen bewaffneten Männern umzingelt, die dich gefangen nehmen und dich an einen anderen Ort bringen. Dort sagen sie dir, dass du jetzt ihr Eigentum bist und machen musst, was sie dir sagen. Sie haben eine ganze Liste von Regeln, die du zu befolgen hast und wenn du dich daran hältst, gewähren sie dir einige Freiheiten. Verstößt du aber gegen eine von ihnen, können sie dir einige der Freiheiten wieder wegnehmen. Wie würdest du dich in dem Moment fühlen? Wie ein Sklave?
Bürger ist ein Euphemismus für Sklave. Ein Bürger ist ein Sklave. Nein, ich korrigiere, ein Bürger ist ein Sklave, der nicht weiß, dass er ein Sklave ist. Zum vorherigen Beispiel unterscheidet sich die Lage eines normalen Menschen im Staat darin, dass er sich seiner Lage nicht gewahr ist. Während ein klassicher Sklave weiß, welche Rolle er erfüllt und auch seinen Halter kennt, herrscht beim Bürger völlige Blindheit darüber. Während ein klassicher Sklave jederzeit potentiell aufbegehren oder flüchten könnte, braucht man sich beim Bürger darum keine Sorgen zu machen. So gesehen ist der Bürger der perfekte Sklave und der Staat der perfekte Sklavenhalter.
Ironischerweise sind alle Kräfte, die den Menschen dabei abhalten seine Freiheit vom Staat zu erlangen, ebenfalls Sklaven. Alle Polizisten und alle Richter, all die Henker, sind Bürger. Sie sind so hoffnungslos im perfekt gewobenen Spinnennetz des Staates gefangen, dass sie glauben, sie tun gerade etwas nobles. Sie glauben, sie unterdrücken die Kriminellen, dabei kämpfen sie nur an der Seite ihres eigenen Sklavenhalters.
Sie alle wurden geboren und direkt an Knebelverträge gebunden. Sie laufen ihr ganzes Leben lang mit Fußfesseln herum. Aber das zu realisieren ist einer der größten geistigen Hürden und den meisten wird das niemals gelingen. Wenn man es aber realisiert, wandelt man sich in dem Moment von einem Bürger in einen Sklaven. Die Hierarchie sieht folgendermaßen aus: Bürger -> Sklave -> Freier Mensch. Es ist fraglich, welcher Sprung wohl der größere ist; möglicherweise der erste.
Wenn sich jemand in dem Zustand des Bürgers befindet, kann er keinen unabhängigen Gedanken fassen. Alles was er macht, wird im Einklang mit dem Staat sein. Wenn ein Journalist z.B. ein Bürger ist, löst sich der Begriff "Pressefreiheit" in Luft auf, da alles, was er schreibt, pro Staat sein wird. Seine Worte können nicht frei sein; wie denn, wenn er selbst nicht frei ist?
Welch ein Seufzen nach Freiheit der Presse! Wovon soll die Presse denn befreit werden? Doch wohl von einer Abhängigkeit, Angehörigkeit und Dienstbarkeit! Davon aber sich zu befreien, ist eben die Sache eines Jeden, und es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß wenn Du Dich aus der Dienstbarkeit erlöst hast, auch das, was Du verfassest und schreibst, Dir eigen gehören werde, statt im Dienste irgend einer Macht gedacht und aufgesetzt worden zu sein. Was kann ein Christgläubiger sagen und drucken lassen, das freier wäre von jener Christgläubigkeit, als er selbst es ist?
– Max Stirner
Leute sehen es als eine kontroverse Aussage an, wenn man die Öffentlich Rechtlichen als Staatspresse bezeichnet. Doch nicht nur sie sind Staatspresse, sondern jegliche Presse. Solange die Presse von Gesetzesgläubigen gemacht wird, wird sie niemals frei vom Staat sein. Alles was sie druckt und sendet, wird das Produkt von Knechtschaft sein – und zwar von perfekter Knechtschaft.
Generell gilt, was aus dem Kopf eines Bürgers kommt, hat keinen Wert. Denn um Wert zu haben, müsste es auf der Wahrheit fußen, doch schon der Zustand eines Bürgers fußt auf Irrtum. Alles edle und noble wird von Sklaven fabriziert, die für ihre Freiheit kämpfen oder von freien Menschen, die ihre Freiheit aufrechterhalten. Der erste Schritt aus der Knechtschaft besteht darin, zu realisieren, dass man ein Sklave ist. Wenn das vollzogen ist, fällt jeder Stein an seinen Platz, alles was geschieht wird Sinn ergeben und das eigene Denken wird auf eine Weise geschärft, wie man es bis dahin nicht geahnt hätte. Diese geistige Freiheit ist eine süße Kost für die physische Freiheit.